Plattform gegen den offenen und versteckten Rassismus, Neonazismus und die politisch motivierte Gewalt
Lasst es uns aussprechen!!
„… habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat.
Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich nicht protestiert; ich war ja kein Gewerkschafter.
Als sie die Juden holten, habe ich nicht protestiert; ich war ja kein Jude.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“
(6. Januar 1946, Frankfurt, Pfarrer Martin Niemöller)
Am 06.06.2010 wurden fünf Jugendliche mit Metallstäben, Schlagringen und Messern von maskierten Personen in einer Straßenbahn in Sofia brutal überfallen. Die Jugendlichen waren auf dem Weg zu einem friedlichen Protest gegen die illegale Festnahme von MigrantInnen im "Speziellen Heim für zeitliche Unterkunft von illegalen Einwanderern - Busmantzi". Die fünf, im Alter zwischen 17 und 25 Jahren, wurden schwer verletzt - am schwersten ein 17-jähriger Schuler, dessen linker Arm operiert werden sollte, und ein 25-jähriger Student an der Sofioter Universität mit gravierenden Kopfverletzungen.
Die Art und Weise, in der der Innenminister Tzvetanov und die meisten Medien den Fall dargestellt haben, gleicht einem Versuch, diese Gewalttat zu banalisieren. Das kann nur gefährlich sein!
Wir kritisieren stark den Versuch, diesen Fall im öffentlichen Raum als eine Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden radikalen Jugendbanden darzustellen.
Die Gleichstellung von Gewalttätern mit Opfern ist völlig inadäquat und gefährlich!
Während die maskierten Gewalttäter Menschen mit schwerwiegender krimineller Vergangenheit sind, besteht die Schuld ihrer Opfer offensichtlich nur darin, dass sie eine aktive politische Bürgerposition klar und friedlich einnehmen wollten.
Der Verzicht der zuständigen Staatsinstitutionen, den Neonazismus zu erkennen, ist gefährlich!
Der Überfall, der unmittelbar vor dem Protest in Busmantzi stattgefunden hat, spricht für eine gut geplante und organisierte politische Provokation mit dem Ziel, die Duldungsgrenzen gegenüber rassistisch, xenophobisch, homophobisch, neofaschistisch und neonazistisch motivierten Taten in der bulgarischen Gesellschaft heute zu prüfen!
Beispiele in Hülle und Fülle!
Es sind mehrere Beispiele für politisch motivierte Gewalt seitens rassistischer, xenophobischer, antisemitischer, neofaschistischer und neonazistischer Gruppen in Bulgarien zu nennen.
Die Angriffe auf unschuldige Bürger wegen ihres Aussehens, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Hautfarbe, ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder ihrer politischen Ansichten nehmen zu. Vor 2 Jahren wurde der Medizinstudent Michail Stoyanov von einer Gruppe Neonazis im Borisova Gradina (Boris-Garten) ermordet, weil er „wie ein Schwul ausgesehen haben sollte“ (nach Angaben der erst jetzt abgeschlossenen Ermittlungen)
- Es werden religiöse Stätten, Friedhöfe, Schulen (z. B. türkische und jüdische Friedhöfe, die Schule in Sofia, wo Ivrit unterrichtet wird, u.s.w.) angegriffen.
- In Bulgarien finden internationale neonazistische Treffen statt wie z.B. die von der Sofioter Gemeinde gestatteten Straßenumzüge der Organisation „Blood and Honour“, der jährliche Lukov-Straßenumzug (General Lukov war ein Sympathisant von Nazi-Deutschland), an dem häufig Vertreter von faschistischen Organisationen aus Deutschland, Rumänien, Italien, der Schweiz u.s.w. teilnehmen. Auf einem durch Nationalisten organisierten 1-Mai-Umzug in diesem Jahr waren neonazistische Symbole zu sehen und neonazistische Propaganda wurde verbreitet.
Das Verprügeln von Teilnehmern an einem Protest für mehrere Rechte von Ausländern ist der Höhepunkt eines Sorgen erregenden Trends, der das Grundrecht auf Meinungsfreiheit und Bürgerprotest in Gefahr bringt!
Das ist eine Provokation gegen die Meinungs- und Versammlungsfreiheit und wir dürfen sie nicht unbestraft lassen. Die politisch oder rassistisch motivierte Gewalt stellt ein Problem nicht nur für ihre unmittelbaren Opfer dar.
Die Versuche, die Meinungsfreiheit durch Terror und Gewalt einzudämmen, sind eine grobe Verletzung der Prinzipien der Demokratie in Bulgarien, und das ist problematisch für alle demokratisch denkenden Menschen.
Jeder/Jede ist in Gefahr!
Während die Gewalttäter heute Aktivisten zum Schweigen bringen oder ihre Stadt von den ethnisch, rassisch, religiös oder sexuell „Nicht-Richtigen“ säubern wollen, kann morgen jeder/jede von uns, der/die die nicht-richtige Meinung äußert, zum Opfer werden.
LASST ES UNS AUSSPRECHEN!
Das Schweigen gegenüber der faschistischen Gewalt ermöglicht diese Gewalt.
Deswegen erklären wir uns, die Teilnehmer am Protest vor Busmantzi, unabhängig von unseren politischen Ansichten, in Unterstützung der fünf Jugendlichen, die zum Opfer politischer Gewalt geworden sind, und gegen die in Bulgarien zunehmenden Rassismus, Xenophobie und Neo-Nazismus.
Solche Überfälle dürfen nicht als „Randalierer-Taten“ interpretiert werden, weil die sog. „Randalierer“ antikonstitutionelle paramilitärische Organisationen sind, motiviert durch antidemokratische Ideologien wie Rassismus, Antisemitismus, Faschismus und Nazismus.
WIR FRAGEN:
Verlassen sich diese paramilitärischen nationalistischen Banden, Gruppen und Organisationen auf eine stabile institutionelle oder politische Protektion, Sippen- und Familienverbindungen mit offiziellen bulgarischen Vertretern, versteckte politische Unterstützung und Ermutigung durch einflussreiche bulgarische Politiker, die sonst mit einem „europäischen Gesicht“ auftreten?
WIR VERLANGEN:
- Festnahme der Gewalttäter sowie schnelle und eindeutige Ergebnisse der Polizeiermittlung
- adäquate Anklagen gegen die Täter. Wir verlangen, dass sie dieses Mal tatsächlich zur Haftung gezogen werden. Es sind mehrere ähnliche Fälle in der Vergangenheit zu registrieren, bei denen der Polizei bekannte Kriminelle trotz mehrerer Beweise gegen sie freigelassen wurden.
WIR APPELLIEREN:
Wir appellieren an alle Bürger, Bürgergruppen, Nichtregierungsorganisationen, Medien und Institutionen und alle, die nach einer wahrhaftig freien, demokratischen und toleranten Gesellschaft in Bulgarien streben, sich unserer Plattform anzuschließen.
Няма коментари:
Публикуване на коментар